Text über Dill und Umgebung von Uwe Anhäuser, Hunsrück und Naheland, DuMont-Kunst-Reiseführer, 1987




Auch die Dill benachbarten Dörfer Sohrschied, Lindenschied, Schwerbach und Oberkirn verdienen Aufmerksamkeit bezüglich ihrer noch immer deutlich vom landwirtschaftlichen Leben geprägten Bauensembles, worin sich außer ansehnlichen Fachwerkobjekten und schönen Beispielen der landestypischen Schieferbeschläge auch kleine Backhäuser (‹Backes›) entdecken lassen, die hin und wieder noch in Benutzung sind. In Oberkirn verdient die an der Außenwand der Kirche angebrachte Grabplatte mit der lebensgroßen Relieffigur (1573) eines ausgesprochenen bärbeißig dreinschauenden Ritters Franz von Schmidtburg Beachtung. Epitaphien (16. Jh.) findet man weiter an und in dem evangelischen Kirchlein von Lindenschied. Die katholische Kapelle wurde 1794 an der Stelle errichtet, wo vorher ein Hof der Kratz von Scharfenstein stand. Überhaupt war Lindenschied, wie Urkunden von 1086 und 1345 nahelegen, als zur Wildgrafschaft und zum Hochgericht Rhaunen gehöriges Ingericht im Mittelalter ein keineswegs unbedeutender Ort. Römerzeitliche Grabhügel auf den Gemarkungen aller vorgenannten Dörfer weisen im übrigen auf die schon zur Antike florierende Besiedlung dieser Gegend hin. Auch beim nahen Niederweiler ist ein uralter Bestattungsplatz (Wagengrab an die Ausoniusstrasse) gefunden worden; die darin angetroffenen Beigaben entstammen dem Latène. Der hier beerdigte Krieger gehörte dem keltischen Adelsstand an. Er ruhte schon beinahe ein Jahrtausend, als dicht neben seiner Totenstatt zur Römerzeit ein weiteres Grabmonument errichtet wurde, dessen Fragmente ins Landesmuseum nach Bonn verbracht worden sind.

Nur ein Sprung sozusagen ist es vom kleinen und trotzdem historisch bedeutsamen Niederweiler zum gleichfalls winzigen Dörfchen Krummenau, das heute wegen seiner (täglich für Gäste geöffneten) ›Hunsrücker Zinngießerei‹ zum touristischen Ziel geworden ist. Nach deren Besichtigung (Werkstatt und Ausstellungsräume) sollte man sich Zeit für einen kleinen Ortsbummel nehmen: Außer zwei alten Brücken über den Idarbach und dem Naturdenkmal einer Wacholderheide bildet die 1747 erbaute Kirche einen besonderen Anziehungspunkt. Dieser kleine Sakralbau ist das älteste und zugleich eines der charakteristischsten Beispiele einer ganzen ›Serie‹ barocker Dorfkirchen im weiten Umkreis des Hoch- und Idarwaldes, deren äußeres Merkmal jeweils ein verschieferter Dachreiter unter geschwungener Haube (vgl. Allenbach, Bruchweiler, Schauren, Stipshausen, Veitsrodt) und deren Innenausstattung von bemerkenswertem künstlerischen Rang ist. In Krummenau fällt unter den vermutlich von Johann Georg Engisch gemalten biblischen Szenen und Apostelmotiven die denkwürdige Darstellung des Gekreuzigten als ›lächelnder Christus‹ auf.

Auch für die Apostelbilder in der evangelischen Pfarrkirche des wenige Kilometer entfernten Hirschfeld kommt Engisch als Urheber in Betracht. Dieses früher dem hl. Wendelin geweihte Gotteshaus gilt mit seinem spätromanischen Chorturm als ein über die engere Region hinaus bedeutendes Bauwerk, das im übrigen auch ansehnliche Elemente der Gotik enthält (u.a. Maßwerkfenster, 14.Jh.).

Die Liste kunsthistorisch interessanter Dörfer rechts und links der Ausoniusstrasse wird durch Laufersweiler um weitere inhaltsreiche Beispiele bereichert. Seine katholische Kirche St Laurentius wurde anstelle eines 1839 ausgebrannten älteren Bauwerks 1842 in romanisierenden Formen errichtet. Das evangelische Gotteshaus entstand 192/93, und die neuerdings gut restaurierte ehemalige Synagoge  von 1911 weist ihrer Bauform verhalten auf den Jugendstil hin. Unter den Profanbauten ist die einstige Thurn-und-Taxis-Poststation (Unterdorfstraße 3-5) zu erwähnen, laut Inschrift auf dem Türbalken 1786 errichtet. Dieser Bau unter seinem mächtigen verschieferten Manserddach gehört in die typische Reihe der repräsentativen Bürgerbauten, wie man sie in den größeren Hunsrückdörfern (vgl. Womrath, Rhaunen, Birkenfelder Land) noch immer in eindrucksvollen Exemplaren vorfinden kann. Das Rathaus von Laufersweiler (1789), Fachwerkwände auf Bruchsteinsockel, erfuhr nach 1980 ebenfalls eine gelungene Restaurierung mit ›Backes‹, Gefängniszelle und Spritzenraum der Feuerwehr. Nach seiner Wiederherstellung darf dieser Dorfmittelpunkt als vorbildhaft für eine fachgerechte Ortsbildgestaltung gelten, wie sie jetzt vielerorts im Hunsrück mit Eifer vorangetrieben wird. Im sogenannten Unterdorf und in der Krichgasse zeigt geschnitzten Eingangstüren behalten haben.

Nördlich der Ausonius-Strasse, wo nach dem Zeugnis des römischen Dichters auf den ›arva Sauromatum‹ Angehörige der 359 von Constantius und um 370 von Theodosius (unter Valentinian) besiegten Volksstämme der donauländischen Sarmaten als ›coloni‹ (Kleinbauern) angesiedelt worden waren, glaubt man noch heute in den Ortsnamen Sohren und Niedersohren am Sohrbach diese frühgeschichtlichen Ereignisse als gewissermaßen ›sprachlich gebannt‹ und also beglaubigt zu erkennen. Beim Niedersohrener Hof (östlich der Ortsgemeinde) wurden 1884 Bruchstücke eines römerzeitlichen Grabmals gefunden, und bei Sohren konnten Siedlungsspuren (Mauerreste) derselben Zeit nachgewiesen werden.

An Sohrens mittelalterliche Bedeutung als Reichslehen der Sponheimer Grafen erinnert heute nichts mehr. Seine evangelische Pfarrkirche, ein flachgedeckter Saalbau von 1762, bezieht einen 5/8-geschlossenen spätgotischen Chor unter einem schönen Sterngewölbe mit ein. Bei Restaurierungsarbeiten wurde hier Mauerwerk einer älteren Vorgängerkirche aufgedeckt; auch der achteckige Turm mit seinem hohen und spitzen Helm entstammt bereits dem späten 15. Jahrhundert. Die katholische Pfarrkirche St. Michael, ein für die Region ungewöhnlicher Backsteinbau, ist 1907 durch Eduard Endler aus Köln in neugotischen Formen errichtet worden.

Nördlich von Sohren, wo im Gelände ›Unterm Schwarzer Weg‹ die Ruinen aus der Römerzeit zutage kamen, liegt im Wald vor der Birkenhöhe (481 m) ein alter Friedhof der ehemaligen jüdischen Gemeinde.

Das benachbarte Bärenbach, 1301 mit Sohren unter Graf Eberhard von Sponheim zum erwähnten Reichslehen gehörig, zählt heute zu den Dörfern im unmittelbaren Rand- und Einzugsbereich des US-Flugplatzes Hahn (›Hahn-Airbase‹), in welchen die zum Teil noch in Gestalt alter Bauernhöfe erkennbare ländliche Tradition auf mitunter groteske Weise von den Emblemen des ›American way of life‹ überlagert worden ist. So auch in Lautzenhausen, dem ›Hunsrücker Las Vegas‹: Wo nun Leuchtreklame an Schieferfassaden flimmert und Militär die Straßen und den Luftraum dominiert, besaßen schon 1260 die Sponheimer Grafen ein befestigtes Hofgut. Und dort, wo man jetzt hinter Stacheldraht die hermetisch abgesicherten Atombunker beim Flurbezirk ›Käppchen‹ erblickt, sind 1935 die Grundmauern und der Brunnen einer römerzeitlichen (sarmatischen?) Siedlung ausgegraben worden.

Zwei Kilometer südlich liegt Büchenbeuren, im Jahr 1044 erstmals in einem Urkundentext genannt, dessen evangelisches Gotteshaus 1834-40 als klassizistischer Saalbau ›im Stile Schinkels‹ errichtet wurde. Der Orgelprospekt (1772) wird als Arbeit aus der Stummschen Werkstatt von Rhaunen-Sulzbach angesehen. In der ehemaligen Volksschule (Hauptstraße 73-75; Schlüssel beim Ortsbürgermeister)  hat der aus Irmenach stammende Kunstmaler Friedrich Karl Stöher (1876-1925) zwei Wandgemälde gestaltet.

Zwischen Sohren und Kirchberg, knapp nördlich der B 50 gelegen, ist die katholische Friedhofskapelle (1752) von Nieder-Kostenz mit ihrer hölzernen  Portalvorhalle und einer Ausstattung des 17./18. Jahrhunderts der sehenswerteste Bau, während die evangelische Pfarrkirche von Ober-Kostenz (1793 auf einem Boden gründet, der gleichfalls bereits zur Römerzeit besiedelt gewesen war.

Das wenig weiter talaufwärts gelegene Dorf Metzenhausen vermittelt schon als Umriss über den sanften Wiesenmulden der sich zum oberen Kyrbach vereinigenden Wasserläufe einen charakteristischen Aspekt dieser Region.

Im 13. Jahrhundert war es der Sitz eines gleichnamigen Rittergeschlechts, aus dem als bedeutendste Persönlichkeit der Trierer Erzbischof Johann III. von Metzenhausen (1531-1540) hervorgegangen ist. Die spätgotische Kapelle, inmitten hoher Bäume hübsch am südlichen Ortsrand gelegen, stand schon im Jahr 1493. Das feine Maßwerk ihrer Fenster (Fischblasen), der Chor mit seinem Netzgewölbe und einem Sakramentshäschen sowie eine Muttergottes (14. Jh.) auf dem Hochaltar und ein ›bäuerliche Madonna‹ (18. Jh.) sind einer Besichtigung wert.

Von Metzenhausen über Todenroth, an dessen Ortsausgang unter römischen Relikten auch Münzen mit den Kaiserbildnissen des Hadrian (117-138 n. Chr.) und des Antoninus Pius (138-161 n.Chr.) gefunden wurden (heute im Museum Simmern), gelangt man bald nach Rödelhausen an der Hunrückhöhenstraße B 327 mit seiner Kapelle St. Bartholomäus (1747) und einer unter Geologen als Rarität bekannten Sandgrube am östlichen Ortsrand.

Auf der Gemarkung des Nachbarortes Kappel sind die Reste mehrerer Siedlungen aus römischer Zeit festgestellt worden; vermutlich hat sich der schon von weitem mit seinen beiden Kirchtürmen  malerisch anmutende Ort an einer fühere wie heute wichtigen Straßenkreuzung aus dem frühgeschichtlichen Zentrum entwickelt (1091 urkundlich erwähnt). Das Langhaus seiner evangelischen Kirche wurde 1747 als Saalbau einem Turm angefügt, dessen barocke Haube einem noch aus romanischer Zeit überkommenen Gemäuer aufgesetzt worden ist. Die katholische Pfarrkirche, 1898/99 durch Eduard Endler (Köln) im neugotischen Stil erbaut, birgt ein Sandsteinrelief mit dem Motiv der Grablegung Christi (17. Jh) Auch in Kappel finden sich noch etliche schöne Bauernhäuser in der landestypischen Bauform sowie ein historisches Backhaus (19. Jh).

Östlich der Dorfmitte, unweit der Straßenkreuzung B 327 - B 421, sollte man einem auf den ersten Blick kaum auffälligen Wegkreuz Beachtung schenken: Dieses an eine Hauswand gelehnte kleine Monument ist 1824 aus Holzbalken gefertigt worden, deren Vorderseiten mit Reliefschnitzereien verziert sind. Hammer, Zange, Heiliger Rock, eine Monstranz und auch der an Petri Verrat gemahnende Hahn wurden in rustikaler Manier herausgearbeitet. Weniger häufig als im Bereich der Moselhöhen oder im Naheland sind derartige Bildstöcke hier im Umfeld des Hohen Hunsrücks, und die ältesten unter ihnen entstammen lediglich dem 17. Jahrhundert. Dies rührt daher, dass während der Reformation in den sponheimischen Landen wohl nicht nur viele Kultbilder in den Kirchen, sondern auch die verstreuten Wegkreuze und Betkapellen entfernt wurden und neue erst wieder nach der in den Reunionskriegen um 1700 vorangetriebenen Rekatholisierung errichtet werden durften.

Von Kappel über die Hunsrückhöhenstraße, vorüber an den jeweils knapp unterhalb der Trasse inmitten ihrer Ackerfluren hübsch gelegenen Dörfer Rödelhausen, Belg und Würrich, gelang man in südwestlicher Richtung nach rund fünf Kilometern wieder zum Flugplatz Hahn. Links der Straße erstreckt sich das weitläufige Militärgelände, während sich zur Rechten in einer Senke, etwas außerhalb der Ortsgemeinde, die dem hl. Antonius geweihte Hahner Simultankapelle unter breitkronigen Baumpatriarchen als höchst idyllischer Blickpunkt präsentiert. Ihr romanischer Westturm (13. Jh.) überragt ein gotisches Langhaus (15. Jh.) im schönen Maßwerkfenstern und weiteren Details desselben Stils. Ein paar Kilometer weiter. westlich der B 327 und endlich abseits vom ›Bankreis‹ der Militäranlagen, liegt Raversbeuren hinter dem Wald.

Hier senken sich die Hunsrückerhöhen bereits deutlich zum Moseltal hinab; manche Ortschaften, so auch Raversbeuren, halten gewissermaßen geologische Terrassen- oder Logenplätze besetzt, mit weiten Ausblicken über die schluchtigen Bachtäler, verwinkelte Gebirgsausläufer, den ›rebenumkränzten‹ Flusslauf in der Tiefe und darüber hinweg bis zu den entfernteren Eifelhöhen. Im Sommer überdeckt das Wäldergrün in allen erdenklichen Schattierungen die übrigen Farben, und nach dem Blätterfall des Herbstes kleidet sich die Landschaft in jene hauchig einander durchdringenden und voreinander zehrenden Mischfarben zwischen Violett, Erdgrau und Buchenbraun, oft verschleiert oder konturiert durch ein blasses Silber. Eingefleischte Lokalpatrioten behaupten, nirgendwo anders als eben in Hunsrück sei ein vergleichbares Farbenspiel zu beobachten. Skeptiker vergessen dabei allerdings auch nicht zu erwähnen, dass derlei Nuancen schwermütiger Stimmung förderlich seien.

Schiefer auf den Dächern und an den Wetterseiten der Häuser im Dorf, und daraus hervor lugt der kleine Kirchturm (13. Jh.) - dies ist der erste Eindruck von Raversbeuren. Drüben bei den ›Wackensteinen‹ am Leishügel kann man das ausgedehnte Areal eines einst riesigen Landgutes aus der Römerzeit abschreiten. Ob die jetzige Ortsgemeinde ihren noch hin und wieder gebrauchten Beinamen ›lateinisches Dorf‹ davon erhielt, ist zweifelhaft. Einer pfarramtlichen Notiz aus älterer Zeit zufolge soll sich unter den Bauern hier durch alle geschichtlichen Jahrhunderte erstaunlicherweise die Kenntnis von Grundzügen der lateinischen Sprache erhalten haben. Konkreter wirken demgegenüber die überlieferten Daten, so z.B. eine Urkunde aus dem Jahr 908 mit dem Hinweis, dass ein Königshof hier mit rund 120 Morgen Landbesitz durch Ludwig das Kind offenbar dem Trierer Erzbistum geschenkt worden ist. 1324 findet sich der Ort als ›Ravengisburen‹ in einer anderen Urkunde aufgeführt; diese Namensform weist als ›Brunnen des Ravengar‹ vielleicht auf eine Zugehörigkeit zum alten Ravengiersburg hin. Wahrscheinlich war die Bezeichnung sogar von dem noch erhaltenen Ziehbrunnen am nördlichen Ortsende abgeleitet worden.

Am spätgotischen Kirchenportal wie auch an der mit Bildern des Petrus und der vier Evangelisten bemalten Kanzel findet sich die Jahreszahl 1707 als eindeutiger Beleg für Erbauungszeit und Ausgestaltung des an den romanischen Westturm gefügten Langhauses. Auch die Brüstungsfelder an der hölzernen Männer-Empore des Raversbeurener Hotteshauses zeigen qualitätsvolle Gemälde nach biblischen Szenen; 11 von diesen 18 Motiven sind dem Alten Testament entnommen. Als Schöpfer dieser Kunstwerke in barocker Manier kommt trotz fehlender Signatur mit größter Wahrscheinlichkeit Johann Georg Engisch in Frage.
Raversbeurens bekanntester Bürger war Albert Bauer (1890-1960), der zeitlebens auch Bauer von Beruf und darüber hinaus einer der wichtigsten Hunsrückdichter gewesen ist. Für sein in den zwanziger und dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts auch überregional bekanntes literarisches Werk erhielt er 1936 in Düsseldorf den Immermann-Preis. Die Romane ›Folkert der Schöffe‹ (1934) und ›Hagen von Troneck ‹ (1943) sowie die gemeinsam mit Elly Kramb (1896-1964) geschriebene ›Raversbeurener Passion‹ (1952) und weitere dramatische Arbeiten erfuhren nach teils beeindruckenden Erstauflagen späterhin keine größere Verbreitung mehr. Bauers Gedichte findet man nur noch gelegentlich im heimatkundlichen Schrifttum.

Auch im Gotteshaus (1717/81) von Lötzbeuren hat der Maler Johann Georg Engisch mit mehr als zwanzig biblischen Bildern ein kunstvolles Œuvre hinterlassen, dessen Ensemble eine rundum barocke Ausstattung prägt, die zu den schönsten weit und breit gerechnet wird. Eine Stumm-Orgel von 1752 komplettiert dieses kostbare Interieur.

Bis Irmenach sind es jetzt nur noch wenige Kilometer. In dessen Kirche (Turm 17.Jh., Langhaus 1870-72) kann ebenfalls ein Orgelprospekt (1776) aus der Stummschen Werkstatt bewundert werden. Der Dichter Jakop Kneip (1881-1958) hat längere Zeit in Irmenach gelebt. Er war schon 1904 mit einem ersten Gedichtband hervorgetreten, gründete dann 1912 mit Josef Winkler und Wilhelm Vershofen gemeinsam den ›Bund der Werkleute auf Haus Nyland‹ und war - nach Berufsverbot während der nationalsozialistischen Periode - Präsident des ›Rheinischen Kulturinstituts‹ von 1946 bis 1953. In Kneips Romanen und sonstigen Schriften spielen Land und Leute des Hunsrücks häufig eine bedeutsame Rolle. Am bekanntesten war ›Hampit der Jäger‹ (1927), und der folgende melancholische Heimatvers wird bis heute in der Region sehr häufig zitiert:

Ich komm aus einem düsteren Land,
wo mein Väter harte Hand
jahrhundertlang geführt den Pflug,
und wo der Frauen stummer Zug
allmorgendlich die Kirche füllt.
Die Scholle liegt dort rauh und wild
.
Tief braust der Wald, scharf weht der Wind,
und Bauer, Bäurin, Ross und Rind
gehn voller Mühsal, dumpf und schwer,
gebt mir die Hand!
Wie ich bin,
so arm und reich - so nehmt mich hin.




Ob es wohl an einem schwer auszulotenden ›genius loci‹ liegen mag, dass in dieser Gegend, auf diesem Hunsrücker ›Balkon‹ über der Mosel ein regelrechtes ›Dreigestirn‹ schöpferischer Menschen zur gleichen Zeit am Anfang dieses Jahrhunderts zu Werke gegangen ist? Kann Albert Bauer als Bauerndichter von echtestem Schrot und Korn bezeichnet werden, betrachtet man Jakob Kneip als Mentor der rheinischen Arbeiterdichtung, so wird Friedrich Karl Ströher (1876-1925) aus Irmenach als Maler und Graphiker in vergleichbarer Weise den Künstlern zuzurechnen sein, die von der kraftvollen Tradition ihrer Heimat erste Impulse empfingen, sich darauf an weltläufigeren Inhalt schulen konnten und letztlich in ihrem reifen Schaffen doch wieder zum Einklang mit dem Hunrücker Kulturerbe gediehen sind.

Vom Dorf Irmenach aus kann man entweder über Starkenburg, wo einst die sponheimsche Grenzfeste über dem Flußtal wachte, zur Mosel hinab- oder in umgekehrter Richtung wieder zur Hunsrück -›Magistrale‹ B 327 hinauffahren. Eine andere Möglichkeit ergibt sich aber auch zu kleinen Streifzügen hinüber nach Longkamp durch eine Anzahl sehr hübscher kleiner Dörfer und dann über die B 50 hinunter nach Bernkastel-Kues. Andererseits zweigt in Longkamp aber auch eine weitere Straße ab, die ins wildromantische Tal durch Kautenbach und Bad Wildstein nach Traben-Trarbach führt.

Wer hingegen auf den Hunrückhöhen bleiben möchte, kann von Irmenach über Beuren den kurzen Abstecher nach Kleinich unternehmen, dessen klassizistische Kirche (1789/90) sowohl im Stil als auch durch ihre im behaglichen Ortsbild besonders auffallenden Ausmaße überrascht. Ihr Turm birgt noch die erheblich älteren Relikte eines Bauwerks aus frühromanischer Zeit.