Vergangenheit ist seit 1986 die aus vielen historischen Abbildungen bekannte Ansicht des eng zwischen den Häuserfronten und unter steilen Felsen sich windenden Naheflüsschens. Nach Abschluss der bis zuletzt stark umstrittenen ›Nahe-Überbauung‹ deckt kilometerlang der Beton- und Asphaltstreifen einer vierspurigen innerstädtischen Schnellstraße der Flussbett und seine Uferränder zu. Allerdings ermöglicht diese mit aufwendiger ›Begrünung‹ flankiert bzw. retuschierte Strecke auch prachtvolle Ausblicke zu hochragenden Baumonumenten über dem von hübschen Fachwerkfassaden markierten Zentrum des alten Fleckens Oberstein. Das schon für 1075 bezeugte Alte Schloss bewohnten als Lehensnehmer des Trierer Erzbistum die Ritter vom Stein (›Bosselstein‹), denen als Erben das Geschlecht der Eirich von Daun folgte (1282). Diese benannten sich darauf Herren von Daun und Oberstein; der älteren Burg zogen sie als Wohnsitz aber das 1179 gegründete und erst 1855 durch eine Brandkatastrophe ruinierte Neue Schloss auf dem unmittelbar benachbarten Felsen vor. Unter dieser nach wie vor imposanten Kulisse der bizarren Ruine auf ihren grün umbuschten schroffen Bergsockeln bildet die in eine gigantische Höhlung der senkrechten Wand eingebaute Felsenkirche einen einzigartigen Blickfang.
Die Sage begründet die Entstehung des wahrscheinlich im 12. Jahrhundert begonnenen und in der nunmehrigen Gestalt auf die Jahre 1482-84 zurückgehenden Gotteshaus mit der Sühneleistung nach einem Mordfall: Ein junger Ritter soll demnach aus Eifersucht seinen Bruder vom Söller des Alten Schlosses in die Tiefe gestoßen und danach aus bußfertiger Reue den Kirchenbau übernommen haben. Hingegen ist aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass noch ein heute im Inneren aus der Felswand rieselnder Quell bereits zur Vorgeschichte der keltischen Urbevölkerung geheiligt war. Wie auch immer: Diese Felsenkirche darf als ein wahrhaftes Schatzkästlein gelten, bewahrt sie doch noch zwei vorzügliche Glasgemälde von 1482, das eindrucksvolle Grabrelief eines Philipp von Daun-Oberstein (gest. 1432), einen gotischen Taufstein (15. Jh.), mehrere alte Gemälde (16. und 18. Jh.) und eine schöne Stumm-Orgel von 1756. Das großartigste Kunstwerk aber stellt der um 1410 gemalte gotische Flügelaltar mit vier Passionsmotiven und der Kreuzigung Christi als Hauptbild dar. Unter einigen ähnlichen Arbeiten im mittelrheinischen Raum kommt dem Werk des sogenannten ›Meisters vom Oberstein Altar‹ herausragende Bedeutung zu.
Am Fuß des Kirch- und Burgfelsens ist das Obersteiner Heimatmuseum inmitten des historischen Siedlungskerns (von dessen Wehr Mauerreste und der ›Gebückturm‹ übrig geblieben) unbedingt einer Besichtigung wert. Außer Objekten und Dokumenten der Stadtgeschichte präsentiert es bedeutende Mineralien- und Edelsteinsammlungen von heimischen Fundstellen und aus aller Welt. Dazu bietet es anhand einer Vielzahl großartiger Objekte einen so exemplarischen wie lehrreichen Überblick des Schaffens der für Idar-Obersteins Wirtschaft ausschlaggebenden Edelsteinschleifer, Graveure und Goldschmiede. Ein ausgiebiger Besuch in diesem Museum empfiehlt sich ohnehin zum besseren Verständnis bzw. als eine Art ›Wertmaßstab‹, bevor man in den zahlreichen Schmuckgeschäften der nahen und weiteren Umgebung etwa einen Einkaufsbummel unternimmt.
Im Stadtteil Idar gewährt als zweite und gleichwohl einzigartige Sammlung das im Purpers Schlösschen untergebrachte Deutsche Edelsteinmuseum weitere Einblicke in die nach weitgehender Erschöpfung der hiesigen Fundvorkommen längst mittels globaler Handelsbeziehungen noch florierende Edelsteinindustrie. Die einstige Grundlage für das Aufblühen der ›Schmuckmetropole‹ an der oberen Nahe wird hingegen anschaulich sichtbar in der Besuchergrube Steinkaulenberg beim Stadtteil Algenrodt, der einzigen für jedermann zugänglichen Edelsteinmine Europas.
An der Straße zum Stadtteil Tiefenstein lädt die wiederaufgebaute Weiherschleife des weiteren zur Besichtigung ein: Hierin kann aus nächster Nähe in Augenschein genommen werden, wie mühselig das einst in Hunderten ähnlicher von Wasserrädern getriebener Werkstätten am Idarbach ausgeübte Edelsteinschleifen und -polieren vonstatten ging.
Während der Fahrten oder Spaziergänge zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten in Idar-Oberstein sollte man außer für die noch überall die Straßenfronten prägenden Schaufenster der Schmuckgeschäfte und ein Augenmerk für die bemerkenswerten Fassaden zahlreicher Bürger- oder Handelshäuser aus der Gründerzeit übrighaben. Unter diesen repräsentativen Bauten verfügen etliche über hochinteressante Architekturformen und dekorative Details im Jugendstil.
Stadt Idar-Oberstein
Landkreis Birkenfeldca. 31.800 Einwohner, 9.157 ha, davon 3.247 ha Wald, PLZ 55743
Gastgeber in Idar-Oberstein
Idar-Oberstein liegt am südlichen Rand des Hunsrücks beiderseits der Nahe. Die Stadt gliedert sich in »Altstadt« und »Neue Stadtteile«.
Die sogenannte Altstadt bildete sich im Jahre 1933 aus den selbständigen Gemeinden Algenrodt, Idar, Oberstein und Tiefenstein. Der Ortsteil Tiefenstein entstand im Jahre 1909 aus Obertiefenbach und Hettstein.
Im Zuge der rheinland-pfälzischen Kommunalgebietsreform 1969 wurden die 9 Umlandgemeinden Enzweiler, Georg-Weierbach, Göttschied, Hammerstein, Kirchen-, Nah- und Mittelbollenbach, Regulshausen und Weierbach eingemeindet und gelten nun als "Neue Stadtteile".
Vor den Toren Idar-Obersteins steht der Niederreidenbacher Hof. Er wurde im 8. Jh. von fränkischen Siedlern gegründet. Von 1282 - 1287 war ein Ritter von Reidenbach der Besitzer über mehr als 200 Hektar Land. Heute wird der Hof als Altenheim für ältere Wohnungslose genutzt.
Im 18. Jahrhundert ließen die Edelsteinfunde im Hunsrück nach und der Bevölkerung ging es nicht gut. Viele wanderten aus, einige verschlug es bis nach Brasilien. Dort konnten die Edelsteine im Tagebau gefördert oder in Flüssen und Bächen gefunden werden. Die bei den Einheimischen verbreitete Tradition der Zubereitung von Fleisch auf dem offenen Feuer wurde von den Einwanderern übernommen und mit den Edelsteintransporten in die alte Heimat übermittelt.
Im Jahre 1827 entdeckten Auswanderer aus Idar-Oberstein in Rio Grande do Sul/Brasilien die wichtigsten Achatvorkommen der Erde. Schon 1834 erreichte Idar-Oberstein die erste Lieferung aus Rio Grande do Sul. Die brasilianischen Achate kennzeichneten sich - im Gegensatz zu den Idar-Obersteiner Achaten - durch besonders gleichmäßige Lagen aus. Deshalb eigneten sie sich gut für die Gravur von Gemmen.
Das Bachschleifer-Gewerbe hatte um 1870 seinen Höhepunkt. In der Gegend von Oberstein gab es zu dieser Zeit rund 123 Schleifereien. In diesen Schleifereien lagen die Arbeiter bäuchlings vor großen Sandstein-Schleifrädern, die über ein Wasserrad angetrieben wurden.
Menschen die in der Edelstein- und Schmuckindustrie zu Wohlstand gekommen waren bauten um 1900 prächtige Villen, insbesondere in der Mainzer Straße in Idar. Die meist zweigeschossigen Häuser mit großen Gartenanlagen zeigen die architektonische Entwicklung des späten Historismus und Jugendstils bis in die 1920er Jahre.
In einem ebenfalls prächtigen Gebäude aus dem Jahre 1869 haben die Freimaurer Idar-Obersteins ihren Sitz. Das sehr schöne Haus hat ein verstecktes Satteldach, Pfeiler und Aufsätze.
Das Stadttheater im Stadtteil Oberstein bereichert die Kulturszene mit seinem vielfältigen und abwechslungsreichen Programm. Die Kleinkunstbühne "Theaterchen" bietet Comedy- und Theaterveranstaltungen, Kabarett, Konzerte, Lesungen und einiges mehr.
Das Museum für Mineralien, Schmuck & Edelsteine Idar-Oberstein im Stadtteil Oberstein liegt direkt unterhalb der berühmten Felsenkirche und beschäftigt sich mit der Idar-Obersteiner Schmuckindustrie und der Edelsteinbearbeitung, speziell der Achatschleiferei. Auf vier Ausstellungsebenen, die thematisch geordnet sind, werden dem Besucher eine Vielzahl von Exponaten gezeigt. Besondere Beachtung finden auch die vielen Nachbildungen berühmter Edelsteine, die auf eindrucksvolle Weise präsentiert werden.
Desweiteren gibt es eine Edelstein-Erlebniswelt. Der Besucher wird in eine Fantasiewelt mit Grotten, leuchtenden Kristallen und Vulkanen versetzt. Für Kinder gibt es in einer Art Felsengrotte eine Edelstein Schürfstelle.
Das Deutsche Edelsteinmuseum ist in einer denkmalgeschützten Gründerzeitvilla untergebracht. Dort werden nahezu alle weltweit zu verarbeitenden Edelsteine gezeigt.
Die weltbekannte Felsenkirche ist das Wahrzeichen der Stadt. Sie entstand durch Wirich IV. von Daun-Oberstein (um 1415–1501), der 1482 auf den Fundamenten der »Burg im Loch« die heute protestantische Kirche erbaute. Nach jetzigem Kenntnisstand war diese Burg die erste Wehranlage der Herren von Stein und Zufluchtsstätte für die Bewohner der Siedlung darunter, die in der großen Naturhöhle des »oberen Steins« (Felsen) an der Nahe errichtet wurde. (Daraus entstand der Name Oberstein.) Diese »Burg im Loch« war die einzige Höhlenburg an der oberen Nahe. Die Felsenkirche ist heute für Besucher durch einen in der Neuzeit angelegten Felstunnel zugänglich.
Am Fuße der Felsenkirche befindet sich der "Alte Gote". Es ist ein Fachwerkhaus aus der ersten Hälfte des 15. Jh. und gilt als ältestes Fachwerkgebäude an der oberen Nahe.
Über dem kleinen Gotteshaus erhebt sich auf dem Felsbuckel die Burg Bosselstein, die seit 1600 aufgelassen wurde. Von ihr stehen lediglich noch ein Turmstumpf und einige Mauerreste. Im Mittelalter war sie eine schwer einnehmbare Burg mit ihrem Vorwerk, den zwei Halsgräben sowie ihren beiden Vorburgen.
Etwas oberhalb, wenig von der Burg Bosselstein entfernt, entstand um 1325 die dritte Burg, das heutige Schloss Oberstein. Es war bis 1624 die Residenz der Grafen von Daun-Oberstein. 1855 brannte es ab. In den Jahren 1926-1956 wurde das Schloss als Jugendherberge genutzt, danach diente ein Raum als Gaststätte.
Der "Nahe-Felsenweg" ist ein Premiumwanderweg der in Idar-Oberstein beginnt und zum Homersfels, einem Aussichtspunkt führt, von dem man gleichzeitig die Obersteiner Altstadt, die Felsenkirche und die beiden Burgen sehen kann.
Am Eingang zur Obersteiner Fußgängerzone steht ein bronzenes Denkmal, geschaffen von dem Mainzer Bildhauer Reinhold Petermann. Es zeigt den Eismann Lorenzo, der schon in den 1920er-Jahren auf dem Obersteiner Markt selbst hergestelltes Eis verkaufte.
Von 1900 bis 1956 gab es in Idar-Oberstein als Nahverkehrsmittel eine Straßenbahn.
Um die Hauptstraße in Oberstein zu entlasten wurde nach einer sechs Jahre dauernden Bauphase im Jahre 1986 die 1875 m lange vierspurige Nahehochstraße eingeweiht - ein durchaus unstrittenes Bauwerk.
Auch der berühmteste Hunsrücker, der Räuberhauptmann Schinderhannes, hat sich in die Annalen der Stadt eingeschrieben:
Im Stadtteil Idar hielten sich um 1790 die Eltern des Räubers Johannes Bückler (1777-1803), genannt Schinderhannes, auf. Der Stadtteil Oberstein war 1796 Schauplatz eines der ersten Vergehen des Schinderhannes. Dort vertrank er in einer Gastwirtschaft das Geld des Gastwirts Koch aus Veitsrodt, für den er Branntwein hätte kaufen sollen. Aus dem Stadtteil Weierbach stammt Juliana Blasius (1781-1851), die Geliebte des Schinderhannes, der in Mainz hingerichtet wurde. Das »Julchen« trat seit ihrer Kindheit zusammen mit ihrem Vater und ihrer älteren Schwester Margarethe als Bänkelsängerin und Geigenspielerin auf Märkten und Kirchweihen auf. Zu Ostern 1800 sah der Schinderhannes das »Julchen« erstmals auf dem Wickenhof bei Kirn, wo die 19-Jährige zum Tanz aufspielte. Aus der Verbindung des »Julchen« mit dem Schinderhannes gingen eine Tochter und 1802 der Sohn Franz Wilhelm hervor. Nach dem Tod des Schinderhannes heiratete das »Julchen« zunächst einen Gendarmen, mit dem es sieben Kinder zeugte, und nach dessen Tod einen Viehhirten und Tagelöhner.
Einige regelmäßige Veranstaltungen in Idar-Oberstein
• Neujahr – Neujahrsgala-Konzert des Blasorchester Obere Nahe e. V.
• September/Oktober – Internationale Fachmesse für Edelsteine und Edelsteinobjekte
• regionale Verbrauchermesse - »Idar-Obersteiner Wirtschaftstage«
• freitags bis dienstags um das Wochenende des letzten Junisonntags – »Spießbratenfest«
• Anfang Juni – Jazztage
• Pfingsten – Kama Festival
ergänzende Texte
Idar-Oberstein, die Schmuckmetropole
Land am Oberlauf der Nahe
Idyllen und eine kleine Residenz
www.idar-oberstein.de
Tourist-Information
Idar-Oberstein
Hauptstraße 419
55743 Idar-Oberstein
Tel.: 0 67 81 - 56 39-0
Fax: 0 67 81 - 56 39-10
Idar-Oberstein in Google Maps
Weierbacher Straße 70
55743 Idar-Oberstein/Weierbach
Am Steiger 19
55743 Idar-Oberstein
Hauptstraße 324
55743 Idar-Oberstein
Untere Kirchstr. 29a
55743 Idar-Oberstein/Weierbach