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Sien

Nationalparkverbandsgemeinde Herrstein-Rhaunen, Kreis Birkenfeld
ca. 590 Einwohner, 847 ha, davon 279 ha Wald, PLZ 55758



Sien liegt zwischen Idar-Oberstein und Lauterecken in der Nähe des Truppenübungsplatzes Baumholder in einer Höhe von 345 m über NN.

Erste Besiedlungsspuren der Siener Gemarkung reichen zurück bis weit in vorchristliche Zeit hinein. Hunderte von Hügelgräbern in zwei ausgedehnten Nekropolen sind ein deutlicher Beweis dafür. Die Bestattung der Toten unter Grabhügeln gehörte zur Kultur der damals hier ansässigen keltischen Treverer. Zu den bedeutsamsten Funden aus einem von zwei archäologisch untersuchten Hügelgräbern zählt eine Schnabelkanne aus Ton. Zur Ausstattung keltischer Fürstengräber der Zeit um 400 v. Chr. (Latène A) gehören etruskische Schnabelkannen aus Bronze - Kostbarkeiten, die sich nicht jedermann leisten konnte. Sie sollten den Kelten auch im Jenseits als Weinkannen beim festlichen Mahl dienen.

In den Gräbern der einfachen Bevölkerung sind nur einheimische Produkte, meist aus Ton, als Grabbeigaben anzutreffen. In keinem Grab – zumindest im Gebiet der mittleren Nahe – wurde eine tönerne Imitation dieser etruskischen Bronzeschnabelkannen gefunden, obwohl die archäologische Wissenschaft einen solchen Fund für längst überfällig hielt. Die im Jahre 1972 in Sien aus einem keltischen Kriegergrab geborgene Tonschnabelkanne schloss diese Fundlücke. Dabei ahmte der einheimische Töpfer nicht einfach sklavisch das etruskische Vorbild nach, sondern gab dem 29 cm hohen Gefäß auf der Drehscheibe eine durchaus eigenständige künstlerische Form.

Auch für die römische Zeit (2.- 4. Jhdt. n. Chr.) ist eine Besiedlung der Siener Gemarkung durch zahlreiche Fundstücke belegt. Als eines der bemerkenswertesten Siener Zeugnisse aus dieser Epoche gilt eine gut erhaltene Säule aus hellem Sandstein. Vermutlich gehörte sie zur Porticusvilla eines römerzeitlichen Gutshofes.
Die 1973 gefundene Säule ist aus einem einzigen Steinblock gedreht (Monolith). Mit Kapitell und Abacus erreicht sie eine Höhe von etwa 2 m. Der Durchmesser des sich nach oben hin leicht verjüngenden Schaftes beträgt ca. 36 cm. Die Säulenoberfläche ist, dem Charakter des Sandsteins entsprechend, rau. Lediglich oberhalb des Säulenfußes und unterhalb des Halsringes befindet sich jeweils eine eingedrehte feine Rille. Im Ganzen handelt es sich wohl um ein Exemplar im toskanischen Stil. Heute trägt die römerzeitliche Sandsteinsäule das kleine Vordach über dem Eingang zur evangelischen Kirche in Sien.

Der heutige Ort Sien ist eine Gründung germanisch-fränkischer Siedler, die sich nach dem Untergang des Römischen Weltreiches hier niederließen. Dafür spricht schon der Ortsname, der wahrscheinlich auf das althochdeutsche Wort »sinithi« (Weideplatz) zurückgeht. Da die Siener Pfarrei als eine der älteren in der Umgebung anzusehen ist, zählt der Ort wohl zu den frühesten fränkischen Siedlungsgründungen in der Zeit zwischen dem 6. und 10. Jahrhundert nach Christus. Zudem bildete Sien den Mittelpunkt eines bereits für 970 n. Chr. bezeugten Hochgerichts und Lehens der salischen Kaiser an die Emichonen, Gaugrafen im Nahegau, die sich später Wild- und Raugrafen nannten.

Der Nahegau war in mehrere Verwaltungsbezirke eingeteilt, die man Hochgerichte nannte. Das Hochgericht umfasste ein weites Gebiet (18 650 ha) zwischen Nahe und Glan mit insgesamt 50 Ortschaften, von denen allerdings einige später untergegangen sind.
Auf der Heide bei Sien wurde mindestens einmal im Jahr Gericht gehalten »über Hals und Halsbein, Dieb und Diebin und ungerechte Leute«. Der Graf oder der Schultheiß als Stellvertreter des Königs und 14 Heideschöffen sprachen Recht. Heute erinnern noch die Siener Flurnamen »Königswäldchen« und »Galgenberg« an die damaligen Richtstätten.

Erstmals urkundlich erwähnt finden wir den Ort Sien in der sogenannten Adalbert-Urkunde von 1128, worin es heißt, dass der Mainzer Erzbischof Ruthard das Kloster Disibodenberg – wohl zu dessen wirtschaftlichen Absicherung – mit einer Hufe Land in Sien bedacht hat ( ... et in Sinede hubam). In dieser Urkunde bestätigt Erzbischof Adalbert von Mainz (1109-1137) dem Kloster Disibodenberg die Schenkungen seiner Vorgänger im Bischofsamt.
Die Schenkung der Hufe (etwa 30-60 Morgen Land) in Sien erfolgte wohl um 1108, als dort am Zusammenfluss von Nahe und Glan mit dem Bau eines neuen Benediktinerklosters begonnen wurde, nachdem das alte im 10. Jahrhundert zerstört und von den Mönchen verlassen worden war. Wiedergegeben ist die Adalbert-Urkunde im Kopialbuch des Klosters Disibodenberg, das im Staatsarchiv zu Darmstadt aufbewahrt wird.

Im Laufe seiner Geschichte wurde Sien neben Sinede u.a. auch Synede, Synde, Syende, Siende und Syne genannt, bis es schließlich zur heute gebräuchlichen Ortsbezeichnung Sien kam. Erbteilungen und Fehden führten zu einer immer größeren Aufsplitterung des ehemals einheitlichen gaugräflichen Besitzes. So fiel Sien bei einer Erbteilung 1112 den Grafen von Veldenz zu, ebenfalls Nachfahren der Emichonen. Seit dem 13. Jahrhundert war Sien sogar zweigeteilt. Der eine Teil Siens gehörte den Grumbacher Wildgrafen, ab dem Jahr 1375 den Kyrburger Wild- und Rheingrafen, der andere Teil aber den Grafen von Loon (im heutigen Belgien gelegen), Nachkommen der Mainzer Stiftsvögte und Präfekten und damit wohl auch Erben des Mainzer Kirchengutes in Sien. Die Grafen von Loon, die im ausgehenden 13. Jahrhundert auf ihrem Teil von Sien eine Wasserburg errichteten, belehnten 1325 den Ritter Kindel von Sien mit Burg und halbem Dorf Sien und weiteren, nicht unbeträchtlichen Gütern.

»Festes hus« wird diese kleine Wasserburg in den Urkunden genannt. Am 28. September 1504 wurde sie im bayerischen Erbfolgekrieg zerstört und nie wieder aufgebaut. Nur der ehemalige Burgbrunnen ist noch vorhanden. In der Schloßstraße wurde eine Gedenktafel angebracht. Im übrigen erinnern die Flurnamen »Schlosswies« und »Am Weiher« noch heute an die ehemalige Burg.
Der Ortsteil, wo sie einst gestanden hat, heißt zwar offiziell »Sienerhöfe«, im Volksmund wird aber immer nur vom »Schloss« gesprochen und ihre Bewohner werden »die Schlösser« genannt. 1334 traten sie allerdings die Oberlehensherrlichkeit ihrer Siener Herrschaft an die Dhauner Wildgrafen ab. Ein Schriftstück, in dem der Graf von Loon seine Siener Getreuen vom Treueschwur entbindet, den sie ihm geleistet hatten, hat folgenden Wortlaut:
»Wir, Ludwig, Graf von Loon und Chiny, entbieten unseren Gruß und unsere Liebe unseren geliebten Treuen und Erben der Burg und Festung zu Synde mit allen, die dazugehören. Ihr werdet schon wissen, dass wir das besagte Landstück (feudum) mit allen Rechten, mit denen dieses Landstück von uns gehalten wird, gegeben und übertragen haben dem uns blutverwandten Adligen, unserem geliebten Herrn Johannes, Wildgraf zu Dhaun. Insofern wir ihm besagtes Lehensgut anvertrauen, müsst Ihr besagtem Graf und seinen gräflichen Erben zu Dhaun pflichtgemäß den Treueschwur leisten und ihm von besagtem Gut her gehorchen, so wie Ihr uns gehorcht habt. Wir aber lösen Euch für immer von der Treueverpflichtung, die Ihr uns wegen des besagten Gutes schuldig wart und bezeugen dieses mit diesem Schriftstück, das auf der Rückseite unser eigenes Siegel trägt.«

Eine Belehnungsurkunde gibt Auskunft über Umfang und Besitztum dieser Herrschaft. Demnach bestand das Lehen aus Burg und halbem Dorf Sien, halbem Dorf Sienhoppstädten, dem Kirchensatz und den Zehnten von Sien, den Zehnten von Sienhoppstädten, Schweinschied, Selbach, Reidenbach, Ober- und Niederhachenbach. 1431 starben die Siener Ritter im Mannesstamm aus. Schonetta von Siende, eine Nichte des letzten ritterlichen Lehensherrn, brachte durch Heirat mit Reinhard von Sickingen das Siener Lehen an die Herren von Sickingen, deren berühmtester Spross ihr Enkel Franz von Sickingen war.

Schonetta von Siende war der letzte Spross des Rittergeschlechtes derer von Sien. Sie war in erster Ehe mit Ritter Hermann Boos von Waldeck verheiratet, der aber in jungen Jahren starb. Der Sohn aus dieser Ehe erbte Teile von Dickesbach und Schmidthachenbach aus dem Siener Lehensgut. 1449 ging sie mit Reinhard von Sickingen die zweite Ehe ein, aus der ihr Sohn Schwicker von Sickingen hervorging, der spätere Vater von Franz von Sickingen. Sie starb am 1. Januar 1483 in Kreuznach.In einer Aufzeichnung blieb ihre Grabinschrift erhalten:
»Hie lit frau Schönheit von Siente, welche verschieden am heiligen Jahrestag 1483.«
Ihre Gebeine wurden in den Wirren der Reformationszeit von Kreuznach nach Ebernburg, dem Hauptsitz der Sickinger, überführt. Damit verliert sich ihre Spur. In Sien haben die Sickinger um 1560 ihr zu Gedenken einen Stein errichtet, der erhalten geblieben ist und sich heute in der evangelischen Siener Pfarrkirche befindet. Der Stein zeigt neben dem zentralen Wappen der Familie Sickingen auf der einen Seite das Allianzwappen der Familien Sien und Arendal, auf der anderen das Allianzwappen der Familien Nackheim und Sponheim. Die Gedenkschrift auf dem Epitaph lautet: »Drabold vo Siende, ein son des Kindel vo Siende ritter, margaretha eine geborene vo Nackheim sein ehegemahl, frau Schönheit vo Siende ir dochter des edlen und ehrenhaften Reinhard vo Sickingen ehegemahl, die letzt vo Siende, der Gott genad.«

Über 300 Jahre blieben die Bewohner der einen Hälfte von Sien nun leibeigene Untertanen der Sickinger, mit der Verpflichtung zum Frondienst und zur regelmäßigen Abgabe des Zehnten.

In Sien gab es im 19. Jh. eine relativ große jüdische Gemeinde. So waren 1852 von 530 Einwohnern 72 jüdisch. Die meisten wanderten Ende des Jh. nach Amerika aus. Nur noch zehn Juden wohnten 1925 in Sien. 1942 wurden sechs von ihnen verschleppt und ermordet.

ergänzender Text

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